18. September 1965(Über den indisch-pakistanischen Konflikt:)Ich hatte vor, dir alle möglichen Papiere zu zeigen... Man wollte nämlich Erklärungen von mir haben - immer wollen sie mich zum Reden bringen! (Mutter gibt Satprem eine Hibiskusblüte, "Gnade" genannt.) Jetzt ist die Zeit der Gnaden. Kennst du diesen Text von Sri Aurobindo? (Mutter zeigt Satprem eine Notiz)
Daraufhin schrieb ich dies:
Ein Mitglied der UNESCO stellte eine dumme Frage, die ungefähr so lautete: "Es gab eine Zeit, als Indien noch das spirituelle Bewusstsein darstellte (oder das spirituelle Bewusstsein lehrte, ich erinnere mich nicht mehr) - wer wird dies jetzt tun, da Indien in einen solchen Krieg verwickelt ist?" [[Die Frage lautete: "Wenn sich sogar Indien, das (bis vor kurzem) mit dem Licht seiner spirituellen Lehrer die Hoffnung der Menschheit darstellte, in einen solchen Krieg verwickeln lässt, wer soll dann die Welt leiten?"]]... Anstatt die Frage direkt zu beantworten (denn ich hätte ihm irgendwelche Dummheiten sagen müssen), antwortete ich mit dem, was ich dir soeben zum Lesen gab.
So ist es: Lasst euch die Gurgel durchschneiden, ohne einen Mucks zu machen. Schau mal, hier ist ein weiterer Text, den jemand ausgegraben hat:
Das war vor langer Zeit. Ich war hier.
(Sujata:) Vor langer Zeit sagtest du: If there is another war, it will be over India. [[Siehe "Sri Aurobindo and the Mother on India and Her Destiny, S. 13.]] [Wenn es zu einem neuen Krieg kommt, dann wird er in Indien stattfinden.] Ja, das ist lange her. Als es zur Teilung von Indien und Pakistan kam, schrieb Sri Aurobindo sehr eindringlich: Diese Teilung MUSS auf die eine oder andere Weise rückgängig gemacht werden, "durch welches Mittel auch immer" [[In seiner Botschaft am 15. August 1947, anlässlich der Unabhängigkeit Indiens, hatte Sri Aurobindo folgendes gesagt:
Und mir hat er gesagt: "Wenn sie die Wiedervereinigung nicht durch ein freundschaftliches Übereinkommen herbeiführen können, wird es auf dem Schlachtfeld geschehen."
Heute morgen kam ein Brief von S.M., in dem steht, dass die Frage nie gelöst werden kann, wenn man nicht... (Geste, Pakistan hinwegzufegen).
Der Premierminister... Sie haben alle Angst, Angst vor der Meinung der Weltöffentlichkeit. [[Vier Tage später, am 22. September, wird Lal Bahadur Shastri den Waffenstillstand verkünden.]]
Jedenfalls wird P heute nach Delhi reisen und meine ganze "Literatur" mitnehmen (sie hatten darum gebeten: "Was sagt Mutter dazu?"). Ist da nicht noch ein "Entretien" für das nächste Bulletin, das wir uns ansehen sollten? Es wäre besser, das jetzt zu erledigen. Wir sollten diese Nummer lieber frühzeitig abschließen, denn... es könnte schwieriger werden.
Möglicherweise. Ich habe dir doch vor kurzem von diesem "Orkan" erzählt. Jetzt hat China sein Ultimatum gestellt [[China gab Indien drei Tage Zeit, seine Militärposten an den Grenzen von Sikkim zu räumen.]].
Nein, sie wollen nicht zur Aktion schreiten.
Sie wollen Indien lediglich einschüchtern, ohne etwas zu unternehmen, und sie wollen wissen, wie die Welt darauf reagieren wird. Amerika hat sofort reagiert [[Amerika erklärte sich bereit, Indien im Falle eines Angriffs von China beizustehen.]]. (Schweigen) In Pakistan befand sich ein hochmodernes Abschusszentrum nach amerikanischem Vorbild, wo man, ich weiß nicht genau, mit einem elektronischen System das Ziel anvisieren und mehrere tausend Granaten innerhalb kürzester Zeit abfeuern konnte - kurz, etwas Schreckliches -, Granaten, die genau dort einschlagen, wo man will. Ein ganzes System. Es wurde von ihnen noch weiter ausgebaut. Pakistan hatte es von den Amerikanern erhalten, und es musste zerstört werden. Einer der indischen Piloten ließ sein Flugzeug darauf abstürzen. Natürlich zerstörte das Flugzeug alles - er selber kam dabei auch um. Die Anlage aber wurde vernichtet... Die Leute hier sind zu so etwas fähig. Wenn sie das fühlen, was Sri Aurobindo in dem Brief schrieb, den ich dir soeben gab, dass the Almighty is the leader of our march [der Allmächtige ist der Leiter unseres Vormarsches], wenn sie das fühlen... Genau das machte seinerzeit die Stärke der Japaner aus. Und darin liegt die Stärke der Leute hier, wenn sie erst einmal überzeugt sind. Die Japaner nahmen Port Arthur auf diese Weise ein; rings um die Festung herum war eine Art Graben wie bei den alten Burgen, und deshalb war kein Durchkommen; da ließen sie sich der Reihe nach solange töten, bis man über die Körper hinwegsteigen konnte: sie dienten als Brücke, füllten so den Graben aus, und die anderen konnten darüber hinweglaufen. Diese Leute sind sich bewusst, dass der Tod nicht das Ende, sondern der Anfang von etwas anderem ist; das gibt ihnen eine Kraft, die den Europäern unbekannt ist. (beim Weggehen) Es ist klar, dass die Umstände dazu dienen, einen weiterschreiten zu lassen.
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ISBN 3-920083-06-4
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