17. Juli 1965
(Über das letzte Gespräch, in dem Satprem über unangenehme Nächte klagte.)
(Mutter lacht) Der Grund dafür ist einfach: diese Seite steht dem gewöhnlichen Bewusstsein sehr nahe, deshalb erinnert man sich daran; die andere... die "Verbindung" zu ihr genügt nicht, und beim Aufwachen vergisst du.
Vielleicht ist das nur, um zu sehen, ob wir uns nicht entmutigen lassen. Heute morgen war es wieder... [[Mutter sieht "müde" aus.]] (Schweigen) Das muss es sein: um zu sehen, ob wir durchhalten - nicht einmal das: ob unser GLAUBE standhält. (Schweigen) Betrachtet man die Frage von einer genügend hohen Warte aus, erkennt man, dass diese Macht der Wahrheit eines Widerhalls bedarf, um sich zu manifestieren, aber ohne dabei eine Vorliebe zu hegen: es ist unwichtig, ob genau dieser oder jener Punkt, dies oder das sie manifestieren wird; sie wirkt so (Geste eines massiven, allgemeinen Drucks), sie setzt sich in der Erdatmosphäre durch, und alles, was fähig ist zu antworten, antwortet. Die Kraft manifestiert sich dann an dem Punkt, der antwortet. Es ist nicht die Kraft, die den Punkt auswählt (ich weiß nicht, ob ich mich verständlich ausdrücke): es ist ein globaler Vorgang, und was immer fähig ist zu antworten, antwortet. Wir, die wollen, die streben und vielleicht sogar ein Wissen haben, sind irgendwie überzeugt, wir seien dafür bestimmt zu antworten... Aber es ist keine Frage der Überzeugung: es muss eine Tatsache sein. Ja, um das zu erreichen... muss man eben durchhalten. (Schweigen) Ich habe im Gegenteil eher den Eindruck, dass diejenigen, die mehr wissen, auch mehr können, und dass deshalb auch mehr von ihnen verlangt wird - man verlangt nicht weniger von ihnen sondern mehr. Dieser Körper gehört noch fast ausschließlich der alten Schöpfung an. Er neigt dazu zu sagen: "Oh, das ist aber nicht nett! Wir sind so guten Willens, und je mehr wir dies sind, desto mehr wird von uns verlangt." Aber das sind sehr menschliche Vorstellungen, allzu menschlich... Je mehr wir guten Willens sind, desto mehr wird von uns erwartet - nicht aufgrund irgendeiner Entscheidung, sondern spontan, ganz natürlich. Wir sprechen von Transformation, sogar von Verwandlung, aber vorher kommt der Übergang von der alten Bewegung zur neuen Bewegung, vom alten Status zum neuen Status, und das bedeutet einen Bruch im Gleichgewicht; und für alles, was noch der alten Schöpfung angehört, bedeutet dies einen gefährlichen Bruch des Gleichgewichts, der immer den Eindruck erweckt, als würde sich einem alles entziehen, als fände man keinen Halt mehr. Gerade hier bedarf es eines unerschütterlichen Glaubens. Kein solcher Glaube wie der mentale Glaube, der autark ist, sondern ein Glaube der Empfindung. Und das (Mutter schüttelt den Kopf) ist sehr schwierig. (Schweigen) Es ist immer das gleiche. Das alte System des Rückzugs ist relativ leicht: man legt sich hin, bricht alle Verbindungen ab, verharrt in tiefer innerer Versenkung und wartet, bis die Krise vorbeigeht. Das dauert mehr oder weniger lange, man kümmert sich nicht darum. Wenn man aber wie hier von Leuten umgeben ist oder mitten in der Arbeit steckt und Verantwortungen trägt (keine moralischen sondern materielle), kurz, Dinge, die materiell von einem abhängen, dann... muss man die Möglichkeit finden, ohne die Stütze des gewohnten Gleichgewichts weiterzumachen. Das ist ein wenig schwierig. Aber es ist klar, wenn man von sich sagt: "Ich bin um Deinetwillen hier, für Dich und Dir zu Diensten", ja, dann muss es eben auch so sein, das ist alles.
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(Satprem unternimmt einen weiteren Versuch, Mutter davon zu überzeugen, einige dieser Gespräche in den Notizen auf dem Weg zu veröffentlichen:) Nein.
Oh, aber dies sind mehr als Kürzungen!
Nein, einige Abschnitte kann man verwenden - vorausgesetzt, sie sind unpersönlich.
Ja, aber ich will das nicht bekannt geben. Das ist endgültig.
Ja, ja! (Mutter will nichts mehr davon hören.)
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(Kurz darauf schlägt Satprem vor, E zu bitten, Tonbänder zu kaufen, um diese Gespräche aufzuzeichnen:) Arme E! Ihr Ehemann hat sie ruiniert! Sie pflegte ihren Mann, ließ ihn sogar beinahe wiederauferstehen, und kaum hatte er seine Sprache und sein Bewusstsein wiedererlangt, verweigerte er ihr unverzüglich den Unterhalt und verleumdete sie! Als Dank verkündete er überall, er sei nicht mehr für sie verantwortlich. Ja, "so ist das Leben" [[Mutter hatte diesen Fall bereits im Gespräch vom 26. Juni 1965 erwähnt: der von Gehirnkrebs geheilte Mann, der trotzdem nicht an das Eingreifen einer höheren Macht glaubte.]]. Interessiert es dich, ihren Brief zu lesen? (Auszug aus einem Brief von E)
Was sagst du dazu?
Ich war mir hier dieser ganzen Angelegenheit durchaus bewusst. Unsere Briefe hatten sich gekreuzt... Genau an dem Tag, als es dort geschah, hatte ich hier die Erfahrung und spürte den Willen, der wirkte: "Jetzt wird er wieder gesund und wird den Gebrauch der Sprache und des Bewusstseins wiederlangen." Das hielt zwei Tage an und dann, hopp (Geste einer jähen Unterbrechung), hörte es auf. Das war in jenem Augenblick, als sie dort die Erfahrung hatte, von der du gerade lasest. Einige Tage später erhielt ich ihren ersten Brief, worin sie mir mitteilte, dass er wieder gesund sei und dass seine erste Tat darin bestand, sie bei allen Leuten, deren Vertrauen sie genoss, zu verunglimpfen. Ich schrieb ihr und teilte ihr meine Erfahrung mit, woraufhin sie mir das schrieb, was du gerade gelesen hast. Und es hörte abrupt auf, verbunden mit dem Gefühl: Nun ist der Beweis erbracht, das genügt. Jetzt ist er wieder ins Koma zurückgefallen [[Der Brief, aus dem obiger Auszug entnommen wurde, enthielt gleichzeitig die Nachricht über einen Rückfall des Patienten.]] - ich glaube nicht, dass er noch lange leben wird... Wohl gerade lange genug, um einen weiteren Beweis für die menschliche Undankbarkeit abzugeben.
*** (Satprem steht auf, um zu gehen: ) Man muss durchhalten. Uns bleibt auch gar nichts anderes übrig - was können wir denn sonst tun?... (Lachend) Ruhig bleiben.
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ISBN 3-920083-06-4
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