24. Mai 1960
Es geschah letzte Nacht. Zum ersten Mal löste sich das physische Ego so
vollständig auf, während ungefähr drei Stunden.
Es gab nur noch Die Kraft, nur noch Sat-Chit-Ananda, und nicht nur im
Bewußtsein, sondern in den Empfindungen - das Satchitananda breitete
sich in stetigen Fluten im Universum aus.
Diese Erfahrungen sind stets absolut, während sie andauern; dann erkenne
ich an bestimmten, mir geläufigen Anzeichen (ich bin daran gewöhnt), daß
das Bewußtsein des Körpers anfängt sich wieder zu verschließen. Besser
gesagt, "etwas" - offensichtlich eine Höchste Weisheit - entscheidet,
daß es für dieses Mal reicht und der Körper genug hatte. Er darf nicht
zerbrechen; deshalb werden Vorkehrungen getroffen. Die Erfahrungen
kommen in kleinen Abschnitten, die ich gut kenne. Der letzte ist immer
ein bißchen unangenehm, weil mein Körper für die Arbeit mehr oder
weniger sonderbare Stellungen einnimmt. Er ist dann nur noch eine Art
Maschine, und am Ende fällt es ihm etwas schwer, zum Beispiel die Knie
zu entspannen oder die Finger zu öffnen - ich glaube sogar, es macht ein
Geräusch, wie etwas, das in eine bestimmte Stellung gezwängt wurde und
nur noch ein spontanes, rein automatisches Eigenleben hat. Sehr viele
Leute gehen auf diese Weise in Trance und können dann nicht mehr
selbständig herauskommen: sie bleiben in irgendeiner Stellung stecken
und jemand muß ihnen heraushelfen. Das ist mir nie passiert; ich konnte
mir immer irgendwie helfen. Aber gestern abend dauerte die Erfahrung
sehr lange. Am Ende machte es sogar einen kleinen Knacks, wie bei einem
Rheumatismus.
Während der ganzen Zeit von ungefähr drei Stunden war das Bewußtsein
vollkommen anders. Dennoch war es hier; es war nicht außerhalb der Erde,
es war auf der Erde, aber völlig anders - sogar das Bewußtsein des
Körpers war anders. Und das, was blieb, war sehr mechanisch: es war ein
Körper, aber es hätte auch etwas beliebiges anderes sein können. Diese
ganze Macht des Bewußtseins, die ich seit mindestens sechzig Jahren
allmählich in jeder Körperzelle erwachsen ließ, damit sie bewußt werden
(und das geht ununterbrochen weiter), all das wurde zurückgezogen: es
blieb nur noch etwas beinahe Lebloses. Ich konnte zwar noch vom Bett
aufstehen und sogar ein Glas Wasser trinken, aber all das war ...
seltsam. Und als ich mich wieder hinlegte, brauchte der Körper fast eine
dreiviertel Stunde, um wieder so zu werden, wie er gewöhnlich ist; erst
nachdem ich eine andere Art von Samadhi [Trance] betrat und wieder
verließ, kehrte mein ganzes Bewußtsein zurück. Dies war meine erste
derartige Erfahrung.
Während dieser drei Stunden bestand nur noch der Höchste, der sich durch
die ewige Mutter manifestierte.
Aber es war nicht das Bewußtsein, Mutter zu sein oder ewig zu sein,
nichts derartiges: die stetigen, allmächtigen und so außerordentlich
verschiedenartigen Fluten des sich manifestierenden Höchsten.
Es war so unermeßlich wie das Universum, und eine stetige Bewegung: die
Bewegung der Manifestation von etwas, das ALLES zugleich und einzig ist.
Es gab keine Teilungen. Und von einer außerordentlichen Vielfalt von
Farben, Schwingungen, Kräften! Ein Einziges, das alles enthielt.
Die drei höchsten Prinzipien waren sehr deutlich zugegen: Sein,
Bewußtsein (aktives und verwirklichendes Bewußtsein) und Ananda. Eine
universelle Unermeßlichkeit, die immer weiter ging, weiter ging, weiter
ging ...
Es bewegt sich und bewegt sich nicht. Wie das erklären? Es war in
Bewegung, in stetiger Bewegung, ohne Unterbrechung, und dennoch fand
keine Verlagerung statt. Ich hatte ... oder besser gesagt, es machte den
Eindruck von etwas, das die ganze Zeit war, das sich nie wiederholte,
das nicht begann, nicht endete, das sich nicht fortbewegte und das
ständig in Bewegung war.
Worte können das nicht ausdrücken. Keine einzige Übersetzung, selbst des
höchsten Mentals, kann das ausdrücken. Sogar die Erinnerung, die ich
jetzt noch davon habe, ist unaussprechlich. Man muß darin sein, um es zu
fühlen, sonst ...
Dennoch war es für das Bewußtsein sehr deutlich. Es war weder mysteriös
noch unverständlich: ganz und gar offensichtlich - aber nicht
übersetzbar für unser mentales Bewußtsein. Denn es waren
widersprüchliche Dinge, die dennoch alle zugleich bestanden, ohne
Unterscheidungen: sie wurden nicht zueinander hinzugefügt; alles war all
das zugleich. Wie das erklären! Äußerst schwierig. Es erfordert die
Erfahrung ...
Wenn etwas das Denken übersteigt, bleibt eine Art Vorstellung oder
Über-Vorstellung. Doch hier in meiner Erfahrung ging es nicht um das
Denken: es ging um die Empfindungen. Es lag nicht jenseits des Denkens:
es lag jenseits der Empfindungen. Ich LEBTE das. Und es gab kein Ich
mehr. Es gab nur noch dieses Etwas; und dennoch war es eine Empfindung.
Wie kann das erklärt werden?
Als ich mich wieder hinlegte, dauerte die Übergangszeit eine gute
dreiviertel Stunde, während der meine Arbeit darin bestand, die Rolle
des individuellen Bewußtseins auf der Erde zu bestimmen. Plötzlich
verstand ich, wozu es dient. Denn solange die Erfahrung andauerte,
bestand überhaupt nicht der Eindruck, daß es irgendeine Individualität
erforderte, damit diese höchste Flut sich manifestierte. Und ich
verstand, daß die Individualität genau dazu diente, in dieser Flut alles
in Berührung zu bringen, was zu "mir" strebte - das, was sie "mich"
nennen, diese individualisierte Repräsentation des Göttlichen -, um
Hilfe und Unterstützung zu erhalten und in Berührung gebracht zu werden.
Ich sage nicht "um MIT dieser Flut in Berührung gebracht zu werden",
sondern "um IN dieser Flut in Berührung gebracht zu werden", denn es kam
nicht von außen, nichts war außerhalb dieser Flut, nichts existierte
außerhalb.
Das wirklich sehr Schöne war die GENAUIGKEIT und die Macht, mit der die
Kräfte gelenkt wurden. Eine dreiviertel Stunde lang konnte ich das
beobachten: für jede Sache, die kam (das konnte der Gedanke einer Person
sein, ein Ereignis, irgend etwas), gab es eine besondere kleine
Konzentration in dieser Flut, die genau auf diesen Punkt ging, wie eine
besondere Betonung.
All das geschah vollkommen ohne Ego, ohne persönliche Reaktion; einzig
das Bewußtsein der Höchsten Aktion. Das allein existierte.
Natürlich war das gesamte normale und höhere Mental (und
selbstverständlich das physische Mental, denn das muß aufgelöst werden,
um überhaupt in Trance gehen zu können), alles, was im Kopf, über dem
Kopf, um den Kopf herum vorgeht: vollkommen unbewegt.
Am Ende der Nacht, gegen zwei Uhr morgens, blieb nach all dem eine Art
ungenaue Formulierung: wie kann dieser Zustand, den ich in Trance, in
Samadhi erlebte und der es erfordert, sich hinzulegen, in einem sich
bewegenden physischen Körper beständig werden? Dort ist etwas zu finden.
Und welche Form wird das nehmen? Denn in meinem Bewußtsein ist es
ständig so, diese universelle Flut; aber das Problem ist IM KÖRPER: das
Problem der Kraft in ihrer materiellsten Form.
Doch während der Dauer meiner Erfahrung hatte ich überhaupt nicht den
Eindruck von etwas Außergewöhnlichem, sondern die einfache Tatsache, daß
nach all seiner Vorbereitung das Bewußtsein des Körpers bereit war für
die vollkommene Identifikation mit Dem. In meinem Bewußtsein ist das
immer so, ein ständiger, konstanter, ewiger Zustand, insofern als er nie
abbricht. Es ist so und verändert sich nicht. Nur die Begrenztheit des
materiellen Bewußtseins verringert die Unermeßlichkeit der Schwingung,
kann sie färben oder manchmal sogar verändern und ihr eine persönliche
Erscheinung geben. Wenn ich zum Beispiel jemandem begegne und mit ihm
spreche, und meine Augen konzentrieren sich auf diese Person, so habe
ich meistens das Gefühl, diese Flut kommt von mir und geht zu der Person
oder kommt durch mich, um zu der Person zu gehen. Das ist das Gefühl der
Augen, des Körpers. Und das begrenzt oder verändert auch ein ganz klein
wenig die Unermeßlichkeit der Sache ... Doch auch dieses Gefühl ist
beinahe zur Gänze verschwunden: der fast ständige Eindruck dieser
Unermeßlichkeit, die handelt. Nur in manchen Augenblicken ist man mehr
oder weniger verinnerlicht, mehr oder weniger an der Oberfläche, und
dann hat man den Eindruck, es geht durch einen Körper; Augenblicke, wo
das Bewußtsein des Körpers ein wenig zurückkehrt. Und das verringert die
Sache.
Diese Erfahrung der letzten Nacht ermöglichte mir auch zu verstehen, was
X in einer unserer Meditationen fühlte. Er beschrieb seine Erfahrung,
indem er sagte, ich wäre dieser mysteriöse Baum, dessen Wurzeln im
Höchsten liegen und dessen Zweige sich über die Welt verbreiten [[ Der
Baum
Aschwatha (siehe
Katha Upanishade, II, iii, 1) ]] , und einer dieser Zweige wäre
in ihn eingedrungen und das wäre eine einzigartige Erfahrung gewesen. Er
sagte: "Das ist die Mutter."
Jetzt verstehe ich, daß das, was er sah und was sich durch dieses
vedische Bild ausdrückte, diese Art ständige Flut ist.
Und dieser Kontakt zwischen ihm und mir in seiner Erfahrung ist nur ein
Punkt, ein Tropfen, nichts; nur das Bewußtsein kann sich durch Worte
ausdrücken, aber DIE SACHE ist universell. Letzte Nacht war es
universell; es gab kein Zimmer, kein Bett, keine Tür - dennoch war es
konkret, so konkret, eine Pracht! Die ganze Freude: das ständige
Ergießen in einer grenzenlosen Pracht.
Ich zögerte, darüber zu sprechen (wegen dem offenen Problem: das
permanent zu machen, sogar im aktiven Bewußtsein), und ich sagte mir,
wenn ich darüber spreche, wird es schwieriger werden, die Lösung zu
finden ... Aber das macht nichts. Wir werden einfach eine noch größere
Anstrengung machen müssen, denn etwas verflüchtigt sich immer, wenn man
darüber spricht.
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