85
results found in
99 ms
Page 1
of 9
19. April 1964
(von Satprem an Sujata)
Paris
Die Menschen sind elend inmitten ihrer Reichtümer, die Gesichter sind hart und verschlossen, sie sind zermürbt ... Es sind feine Wesen darunter, aber all ihre Energie wird durch dieses aufreibende Leben aufgezehrt - ich werde nicht mehr hierher zurückkommen, ich bin nicht von hier und bin es nie gewesen! Die besten ihrer Ideale sind genau so aggressiv wie sie selbst - ich mag sie zwar, aber sie sind Abertausende von Meilen von jeglicher echten Wahrheit entfernt, es wird Jahrhunderte dauern für sie, um sich ein wenig zu öffnen. Jedenfalls ist es klar, daß kein Buch, kei
2. Dezember 1964
... Die Briefe häufen sich nur so, und ich habe noch nicht geantwortet. Die Leute sollten lernen zu empfangen: Ich antworte sehr klar und mit Nachdruck, sogar mit Worten, einem präzisen Satz. Wenn sie lernen könnten, innerlich zu empfangen, wäre das gut. Ich antworte immer. Und wenn es etwas Wichtiges ist und ich ruhig bin und keine äußere Handlung auszuführen habe, wiederhole ich meine Antwort, indem ich eine sehr präzise mentale Formation mache - sie sollten also empfangen.
(Mutter schnappt sich aufs geratewohl einen Brief einer westlichen Schülerin, die darum bittet, ihre Arbeit
16. September 1964
103 -
Vivekananda, Sannyasa rühmend, sagte: "In der ganzen indischen Geschichte gibt es nur einen Janaka." Das stimmt aber nicht, denn Janaka ist nicht der Name eines einzelnen, sondern der einer Dynastie von selbstbeherrschten Königen und dem Triumphschrei eines Ideals.
104 -
Wieviele Vollkommene gibt es schon unter den Abertausenden ockerfarben gekleideten Sannyasins? Die Rechtfertigung eines Ideals sind die wenigen, die das Ziel erreicht haben, und die vielen, die es anstreben.
27. Juni 1964
(von Satprem an Sujata)
Chatou-Chambéry
Ich fühle mich nicht müde - es sind vielmehr die Menschenwesen, die mich mit ihrer ständigen Unruhe und Aufregung ermüden. Jedenfalls bin ich froh, bei meinem Bruder zu sein. Schwierig ist, daß ich nicht mehr reden kann; ich habe die Gewohnheit verloren, Konversation zu machen, und so reden und reden die Leute, stellen Fragen, ohne einem Zeit zu lassen zu antworten, und in diesem Wirbel ist es sehr schwierig, wahre Worte herabzuziehen. Eigentlich besteht meine einzige Erholung darin, allein mein Japa zu machen, dann scheint sich alles zu öffnen, zu
7. November 1964
(Mutter sieht sehr bleich aus.)
Seit drei Tagen besteht ein konstantes Phänomen: etwas ... ich weiß nicht, was es ist ... als ob der ganze Kopf sich leeren würde (Mutter deutet nach unten fließendes Blut an). Physisch entspricht es dem, was man unmittelbar vor einer Ohnmacht empfindet, als ob das ganze Blut aus dem Kopf entwiche: der Kopf wird leer, worauf man ohnmächtig wird.
Erstmals kam es vorgestern; ich ruhte mich gerade aus (nach dem Mittagessen ruhe ich mich eine halbe Stunde aus), und am Ende dieser Ruhepause sehe ich mich plötzlich ... aufrechtstehend bei meinem Bett, sehr groß, mit einem
14. November 1964
... Man las mir den Brief eines 14 oder 15 Jahre alten italienischen Jungen vor, der bemerkenswerte Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Schweigen hatte - wie er das Schweigen erlangte und was sich in ihm abspielt - wirklich bemerkenswert. Ich habe dir auch erzählt, daß ich einen Brief aus England erhielt und die Analogie mit den Erfahrungen von Z, mit genau der Nuance, die sich aus einer spontanen Aufrichtigkeit ergibt. Auch gibt es hier einige Leute, die sich seit Jahren nicht mehr rührten: ganz plötzlich haben sich diese wieder in Bewegung gesetzt, sie haben wieder Erfahrungen. Wirklich interessa
5. August 1964
(D, eine Schülerin, schickte Mutter die Schrift eines japanischen zenbuddhistischen Mönchs aus dem 18. Jahrhundert. Darin wird eine als "Selbstbeobachtung" bezeichnete Methode beschrieben, mit deren Hilfe man über Kälte und Hunger triumphieren kann und mit der sich die physische Unsterblichkeit erlangen läßt. [[In der Zeitschrift
Hermes, Frühlingsausgabe 1963. ]] Mutter liest einige Seiten und gibt dann auf.)
Es ist besser, sein EIGENES System auszuarbeiten - wenn man überhaupt eines ausarbeiten will.
Genau das hat man Sri Aurobindo immer vorgeworfen, daß er einem nicht sagte: "Macht das und das
12. November 1964
Was gibt es Neues?
Du hattest etwas herauszufinden. Du sagtest, daß du nach dem Grund für diese Ohnmachtsanfälle suchen wolltest?
Es gibt etwas Interessantes (nicht die Ohnmachtsanfälle!). Wie du weißt, hat Z einen Yoga im Körper begonnen (ich forderte sie nicht dazu auf, sie tat es ganz spontan), und sie schrieb mir von ihren ersten Erfahrungen: Es sind darin ganz ähnliche Feststellungen zu finden wie jene, zu denen ich selbst kam, und dazu von einer Exaktheit, die mich interessierte - ich ermutigte sie. Sie macht weiter. Ich habe keine Zeit, ihre Briefe zu lesen: sie lieg
4. April 1964
Du gabst mir zwei Aufnahmen von Wanda Landowska; ich habe sie mir angehört. In einer davon gibt es eine Stelle, die ein reines Wunder ist. [[Es handelt sich um die Interpretation eines "polnischen Volksliedes" von W. Landowska. ]]
Ja, nicht wahr!
Es dauert nicht lange - wie Kristall.
Ja, genau. Ich fand das außerordentlich.
Es ist von einer Schönheit! Ich habe noch nie etwas so Reines gehört.
Rein, ja, absolut rein.
Das ist ein göttliches Ausdrucksmittel. Es ist wirklich eine göttliche Manifestation auf Erden ...
Ja, sehr rein - und einfach.
Ich habe mic
29. August 1964
(Das folgende Gespräch bezieht sich auf den endgültigen Bruch Satprems mit seinem tantrischen Guru, mit dem er seit sechs Jahren zusammengearbeitet hatte. Der Anlaß für diesen Bruch erscheint wie eine Wiederholung dessen, was sich schon vor zwei Jahren zugetragen hatte, es handelte sich um eine kleine, wimmelnde Horde von Geschäftsleuten und von "Jüngern" auf der Jagd nach kleinen Machtbefugnissen. Satprem wollte X einmal mehr vor diesen Leuten warnen, denn er liebte ihn trotz allem. Dieser Bruch kostete Satprem beinahe das Leben, wie man später sehen wird. Man ersieht daraus, daß diese Dinge ein Spiel